Wer war Giordano Bruno?

Stationen eines bewegten Lebens

Giordano Bruno, „eines der größten Genies der Neuzeit“ (Deschner), wurde 1600 nach sieben Kerkerjahren auf dem Scheiterhaufen der sog. „Heiligen Inquisition“ verbrannt. Er hatte das kirchenamtlich vorgegebene Weltbild in einer bis dahin unerreichten Schärfe verworfen und das Dogma der Sonderstellung von Menschheit und Erde im Kosmos durch seine Theorie des „unendlichen Universums“ und der „Vielheit der Welten“ in weit dramatischerem Maße entzaubert als Galilei, der nur wenige Jahre später (mit freundlicherem Ausgang) in die Hände der Inquisition geriet.

Obgleich Brunos Methodik nicht der Herangehensweise der heutigen Naturwissenschaft entsprach, nahm er viele Erkenntnisse vorweg, die die Forschung teilweise erst in den letzten Jahrzehnten bestätigen konnte. Dies betrifft nicht nur das Gebiet der Kosmologie. In Brunos unzeitgemäßer Philosophie finden sich bereits Grundzüge einer nicht-dualistischen, monistischen Welterkenntnis, Überlegungen zur biologischen Abstammungslehre sowie zu einer naturalistischen Ethik, die auch die Rechte nichtmenschlicher Organismen mit einschließt. Zudem gingen von Bruno wesentliche Impulse für die Entwicklung der modernen Religionskritik aus.

Man kann Bruno wie kaum einen anderen Philosophen der Vergangenheit als „Zeitgenossen der Zukunft“ bezeichnen. In seiner Zeit konnte dieser „Unzeitgemäße“ nicht auf Zustimmung hoffen. Er führte ein „Leben auf der Flucht“, das ihn durch ganz Europa führte.

 

Stationen eines bewegten Lebens

1548
Geburt Filippo Brunos in der Stadt Nola bei Neapel. Erst später nimmt er den Namen Giordano an. Sein Vater ist Giovanni Bruno, ein Soldat in spanischen Diensten, seine Mutter Fraulissa Savolino.

1562
Aufnahme eines Studium der humanistischen Wissenschaften (Logik, Dialektik) in Neapel, darüber hinaus gibt ihm ein Augustinermönch Privatunterricht.

1565
Mit 17 Jahren tritt Filippo Bruno dem Domenikanerorden von Neapel (St. Domenico Maggiore) bei und nimmt den Namen Giordano an, den er bis zu seinem Tod beibehält.

1566
Eröffnung eines ersten Prozesses gegen Giordano Bruno wegen der Ablehnung des Marienkultes und der Heiligenverehrung. Außerdem entsteht erstmals ein Häresieverdacht gegen ihn wegen seiner geäußerten Zweifel am Trinitätsdogma und der Transsubstantiationslehre.

1572
Giordano erhält die Priesterweihe und studiert bis 1575 Theologie in Neapel.

1576
Erneute Anklage wegen des Verdachts der Ketzerei. Von Verfolgung bedroht, verlässt er den Dominikanerordnen und flieht – auf Verständnis hoffend – zunächst nach Rom in das Kloster Santa Maria Sopra Minerva. Auch dort verurteilen die Geistlichen seine naturphilosophischen Erkenntnisse, und er tritt aus dem Orden aus. Er flüchtet weiter über die norditalienischen Städte Turin, Venedig, Padua, Brescia und Bergamo nach Noli.

1578
Seine weitere Flucht über Mailand, Chambery und der italienischen Gemeinde um Marchese de Vico führt in das kalvinistische Genf. Dort finanziert sich Giordano durch eine Anstellung als Korrekturleser in einer Druckerei.

1579
Besuch von Philosophie-Vorlesungen an der Universität Genf. Nach Veröffentlichung einer antiaristotelischen Streitschrift gerät er in Konflikt mit der universitären Gelehrtenschaft und wird erneut angeklagt und verhaftet. Die Calvinisten verbannen ihn. Es gelingt ihm die Flucht nach Toulouse.

1580
In Toulouse hält er zunächst Privatvorlesungen über Astronomie und Philosophien Nach dem Erwerb des Titels „Magister Artium” erhält er einen Lehrstuhl für Philosophie an der Universität. Die Auseinandersetzungen zwischen den Hugenotten und Katholiken treiben ihn wenig später nach Paris.

1581
Gefördert durch König Heinrich III. macht er sich als Universalgelehrter einen Namen. Neben seiner Vorlesungstätigkeit als außerordentlicher Professor an der königlichen Einrichtung Collège de Cambrai bringt er mehrere Buchveröffentlichungen heraus, u.a. die Schriften „De umbris idearum“ und „Il Candelaio“.

1583
Ausgestattet mit einem Empfehlungsschreiben des Königs geht Giordano Bruno nach England und hält Disputationen und Vorlesungen an der Universität Oxford, erhält jedoch wegen seiner Angriffe auf Aristoteles und eines Plagiatsvorwurfs keinen Lehrstuhl. Unterkunft findet Giordano bei seinem Freund und Förderer, dem französischen Botschafter Michel de Castelnau. Dort verfasst er seine berühmten sechs italienischen Dialoge, darunter das „Aschermittwochsmahl“ („La cena de le ceneri“, 1584) und „Vom Unendlichen, dem All und die Welten“ („De l’ infinito, universo et mondi“, 1584), in denen er seine naturphilosophischen Anschauungen darlegt.

1585
Nach Abberufung seines Förderers nach Paris kehrt er mit diesem in die französische Hauptstadt zurück. Auch hier stößt er mittlerweile, vor allem durch seine Kritik an der aristotelischen Naturlehre, auf starke Ablehnung. Der durch ihn ausgelöste akademische Skandal veranlasst ihn, Paris schnell zu verlassen.

1586
Nach einem erfolglosen Versuch, in Marburg einen Lehrstuhl zu erhalten, reist Bruno weiter nach Wittenberg und findet dort eine Anstellung als Extraordinarius an der Artistenfakultät der Universität. Neben seiner Vorlesungstätigkeit veröffentlicht er zahlreiche neue Schriften, u.a. zwei Bücher über Logik und Gedächtniskunst.

1588
Nachdem die religiösen Mehrheitsverhältnisse an der Universität wechseln - ein neuer, dem Calvinismus anhängender Fürst übernimmt die Regentschaft -, reist er weiter nach Prag, erhält jedoch keinen Lehrauftrag.

1589
Weiterreise nach Helmstedt, wo er Professor an der Academia Julia wird. Dort bereitet er seine Frankfurter Schriften vor. Wie vor zehn Jahren von den Calvinisten wird er jetzt auch von den Lutheranern exkommuniziert.

1590-91
Giordano Bruno reist nach Frankfurt, um dort die Drucklegung seiner lateinischen Hauptschriften „De triplici minimo et mensura, de monada, numero et figura“ und „De immenso“ vorzubereiten. Er gerät in Konflikt mit den Regierenden der Stadt und wird 1591 ausgewiesen. Er reist für kurze Zeit nach Zürich, hält dort Privatvorlesungen und kehrt zur Veröffentlichung seiner Schrift „De imaginum, signorum et idearum compositione“ wieder nach Frankfurt zurück. Die ihm dort überbrachte Einladung des venezianischen Adligen Giovanni Mocenigos, als Lehrer nach Venedig zu kommen, nimmt er an.

1592
In Venedig wohnt er bei Mocenigo und unterrichtet seinem Gastgeber in Gedächtniskunst. Bereits nach wenigen Monaten denunziert sein Mäzen, der wohl eine Unterweisung in „magische Künste“ erwartet hatte, Bruno bei der Inquisition und lässt ihn gefangen nehmen. Der Prozess wird eröffnet.

1593
Bruno wird nach Rom überstellt, und es erfolgt eine jahrelange und von Verhören begleitete Inhaftierung im Auftrag der päpstlichen Behörde. Nach einigen Verhören ist Bruno bereit, teilweise zu widerrufen, was den Inquisitoren jedoch nicht genügt. Auf die Forderung nach vollständigem Widerruf reagiert Bruno zunächst hinhaltend, schließlich deutlich ablehnend: Er akzeptiert weder die Gottessohnschaft Christi noch die Erwartung des Jüngsten Gerichts. Auch an seiner Behauptung „vieler Welten“ hält er fest.

1600
Nach langjähriger Beweisaufnahme und einem verzögerten Prozessverlauf verfügt Papst Clemens VIII. am 20. Januar die Verurteilung Brunos. Bruno reagiert auf das Urteil mit dem berühmt gewordenen Satz: „Mit größerer Furcht verkündet Ihr vielleicht das Urteil gegen mich, als ich es entgegennehme.“ Am 17. Februar wird Giordano Bruno als Ketzer öffentlich am Campo de’ fiori in Rom verbrannt.

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